Was sind außergewöhnliche Belastungen?
Von Olga Prosvetova Selbstständige Steuerberaterin mit langjähriger Erfahrung in diversen kleinen und mittelständischen Steuer-Kanzleien. • Veröffentlicht am 17.02.2022- zuletzt aktualisiert am 03.01.2024Alle Fakten im Überblick
- Außergewöhnliche Belastung können in der Einkommensteuererklärung steuermindernd berücksichtigt werden
- Man unterscheidet zwischen allgemeinen und besonderen außergewöhnlichen Belastungen
- Bei allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen ist die zumutbare Belastung zu beachten
- Bestimmte Pauschbeträge können als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden
Im Grundsatz gilt: alle privaten Ausgaben der Steuerpflichtigen sind bei der Einkommensteuer-Veranlagung irrelevant. Von diesem Grundsatz gibt es einige Ausnahmen (siehe auch »Sonderausgaben«). D.h. es gibt gewisse Kosten, die zwar privater Natur sind, jedoch vom Gesetzgeber zum Abzug zugelassen sind. Hierzu gehören die außergewöhnlichen Belastungen.
Außergewöhnliche Belastungen sind private Kosten, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen. Zwangsläufig sind die Aufwendungen dann, wenn sich der Steuerpflichtigen dem aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und die den Umständen nach notwendig sind. Rechtsgrundlage sind die §§33, 33a, 33b EStG (siehe nächster Abschnitt).
Allgemeine (§33 EStG) versus besondere außergewöhnliche Belastungen (§33a EStG)
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen allgemeinen (§33 EStG) und besonderen (§33a EStG) außergewöhnlichen Belastungen. Zu den besonderen außergewöhnlichen Belastungen gehören u.a. der Behindertenpauschbetrag, den Pflegepauschbetrag sowie den Pauschbetrag für Hinterbliebene (§33b EStG). Allgemeine außergewöhnliche Belastungen sind beispielsweise Krankheits- oder Pflegekosten.
Es gibt einen Unterschied zwischen den allgemeinen und den besonderen außergewöhnlichen Belastungen. Bei Ersteren ist die zumutbare Belastung zu beachten (siehe nächster Abschnitt). Bei Letzteren gibt es jeweils Pauschbeträge bzw. Freibeträge (siehe Ausbildungsfreibetrag), die sich in voller Höhe steuermindernd auswirken.
Zumutbare Belastung
Zumutbare Belastung bedeutet allgemein: es gibt einen gewissen Teil der Kosten, die der Steuerpflichtige selbst tragen muss. Das ist die zumutbare Belastung. Nur diejenigen Kosten, die diese zumutbare Belastung überschreiten, wirken sich steuerlich aus. Die zumutbare Belastung ist festgegeben. Es gab zahlreiche Verfassungsbeschwerden gegen die Festlegung einer zumutbaren Belastung. Jedoch hat der BFH entschieden, dass diese verfassungsgemäß ist. Die zumutbare Belastung beträgt einen bestimmten Prozentsatz der gesamten Einkünfte eines Steuerpflichtigen.
Was gehört zu den außergewöhnlichen Belastungen? - Beispiele:
Im Folgenden werden die gängigsten Kosten näher erläutert, die zu den außergewöhnlichen Belastungen zählen.
Krankheitskosten
Ein typisches Beispiel für allgemeine außergewöhnliche Belastungen sind Krankheitskosten. Hierzu gehören nicht erstattete Arztkosten, Kosten für Medikamente Fahrtkosten. Bei Krankheitskosten ist wichtig zu wissen, dass diese angeordnet d.h. medizinisch indiziert werden müssen. Vorbeugemaßnahmen sind nicht absetzbar. Auch bei Medikamenten verlangt das Finanzamt ein Rezept. So genannte medizinische Hilfsmittel (z.B. Prothesen, Hörgeräte) sind ebenfalls absetzbar. Nicht zu vergessen sind natürlich die Fahrtkosten zum Arzt, zur Apotheke oder zum Sanitätshaus.
Künstliche Befruchtung
Es gibt unterschiedliche Methoden der künstlichen Befruchtung. Viele Krankenkassen erstatten lediglich die Hälfte der Kosten. Hierzu müssen natürlich bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden, da die Kosten relativ hoch sind. Dennoch: wer Kosten für eine künstliche Befruchtung selbst tragen muss, kann diese von der Steuer absetzen.
Übrigens: auch gleichgeschlechtliche Paare können die Kosten für die künstliche Befruchtung von der Steuer absetzen. So entschied der BFH. Denn die »Empfängnisunfähigkeit« einer Frau hat nichts damit zu tun, dass Sie in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt.
Kurkosten
Kosten für eine Kur werden nicht gänzlich von der Krankenkasse übernommen. Der nicht übernommene Teil kann von der Steuer abgesetzt werden. Hierzu gehören beispielsweise die nicht erstatteten Arztkosten, Kosten für die Unterbringung, Kosten für die erste und letzte Fahrt oder Kurmittelkosten.
Pflege-Pauschbetrag
Wer einen nahen Angehörigen zuhause pflegt hat ggf. bestimmte Kosten zu tragen. Um diesen Umstand zu kompensieren, hat der Gesetzgeber einige Steuererleichterungen eingeführt. Demnach kann man entweder die tatsächlich angefallenen Aufwendungen steuerlich geltend machen oder aber man erhält den Pflege-Pauschbetrag. Der Pflege-Pauschbetrag ist abhängig vom Pflegegrad und wird bereits ab einem Pflegegrad 2 gewährt. Voraussetzung ist, dass die Pflege unentgeltlich erfolgt. Es muss sich ferner um einen nahen Angehörigen oder eine nahe stehende Person handeln. Zudem muss die Pflege in der Wohnung des Pflegebedürftigen oder in der Wohnung der Pflegeperson erfolgen.
Pflegekosten
Pflegekosten können zum einen dadurch entstehen, dass ein Angehöriger Zuhause durch eine Pflegekraft gepflegt wird, zum anderen durch eine Unterbringung im Pflegeheim. Bei den Kosten für die Unterbringung unterscheidet man zwischen krankheitsbedingten und altersbedingten Kosten. Letztere sind nicht absetzbar. Es kommt darauf an, dass die Kosten krankheitsbedingt angefallen sind.
Ausbildungsfreibetrag
Der Ausbildungsfreibetrag ist ein Freibetrag »zur Abgeltung des Sonderbedarfs, eines sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kinder«. Um den Freibetrag zu erhalten sind somit folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
- Das Kind muss volljährig sein
- Das Kind muss auswärts untergebracht sein
- Es muss sich in einer Berufsausbildung befinden
- Der Steuerpflichtige muss Anspruch auf Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag haben
Der Kinderfreibetrag beträgt jährlich 924 €. Sind die Voraussetzungen nicht das gesamte Jahr erfüllt, ist der Freibetrag nur anteilig zu gewähren.
Bestattungskosten
Aufwendungen die im Rahmen einer Beerdigung anfallen, können ggf. steuermindernd berücksichtigt werden. Voraussetzung ist, dass seitens des Verstorbenen kein Nachlass vorhanden ist bzw. dieser nicht ausreicht, um die Kosten zu decken.
Behindertenpauschbetrag
Menschen mit Behinderung steht ein Pauschbetrag zu. Dieser soll die Mehrkosten, die aufgrund der Behinderung erwachsen, abmildern. Die Höhe des Pauschbetrages ist abhängig vom Grad der Behinderung sowie vom Merkzeichen. Näheres siehe unter „Behindertenpauschbetrag“.